Das Ende des Wachstums - Wachstum ohne Ende?
Wir konsumieren Dinge die wir nicht brauchen, von Geld, was wir nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen, denen es egal ist was wir besitzen, solange sie noch mehr haben.

Ein Volk von Schafen, das von vermeintlichen Hirten geführt wird, deren wahre Ge-stalt der Wolf sein mag, führt die Bevölkerung durch eine Politik der „Alternativlosig-keit“ - aus mangelndem Erklärungswillen - zurück in die Unmündigkeit und erzwingt damit Linientreue („alternativlos“?). Selber denken ist nicht erwünscht, die Zeichen der Zeit, die den Einsatz der Ressourcen der Gegenwart und Zukunft für den heutigen Konsumwohlstand weniger vorsehen, lässt den gesellschaftlichen Zweck der Reproduktion verstärkt in den Hintergrund treten. Die Mehrung des Reichtums, an-statt der Bekämpfung von Armut, Selbstaufgabe statt Fortentwicklung der Gesell-schaft, stehen im Zentrum des Handelns.
Diese Entwicklung, die mit der industriellen Revolution ihren Anfang nahm und seit der Renaissance des Liberalismus Anfang der 1980er Jahre beschleunigt Einzug hält und deren Auswirkungen in den Finanz- und Börsenkrisen (2002 & 2008) ihren vorläufigen, schmerzhaften Höhepunkt fand, stellt - im Zusammenhang mit der Frage einer nachhaltig finanzierbaren (im Sinne der Zukunftsfähigkeit) Energieversorgung (Elektrizität, Treibstoffe, Nahrung und Wasser) - eine, wenn nicht die zentrale Herausforderung für die europäische Gesellschaft des 21. Jahrhunderts dar.

Die Bewältigung dieser Herausforderungen hängt davon ab, inwiefern die gesell-schaftliche Veränderungsbereitschaft hin zu einer Nutzenkultur geprägt ist. Eine Kultur des immer mehr von Allem zu jeder Zeit, kann, aufgrund der begrenzten natürlichen Ressourcen unserer Erde, nicht fortbestehen. Hier führt sich die Wachstumstheorie selbst ad absurdum. Die massive Expansion des kapitalistischen Gesellschaftssystems, infolge des Zusammenbruchs des kommunistischen Blocks, hat zu einer Wohlstandsmehrung vieler Weltregionen geführt. Diese augenscheinlich positive Entwicklung, die durch verstärkte Ausbeutung verbliebener vormoderner Gesellschaften und von Bodenschätzen, finanziert wird, ist endlich. Der Kapitalismus manövriert sich, infolge seines Siegeszugs, selbst in eine Sackgasse. Das Gesellschaftsmodell, welches aus Europa und den USA in die Welt exportiert wird, schürt Hoffnungen auf Aufnahme in den Wohlstandsraum, die nicht haltbar sind. War es in der Vergangenheit so, dass ca. 1/6 der Weltbevölkerung im Konsumwohlstand lebte (auf Kosten der anderen, vormodernen Gesellschaften 5/6, Ausbeutung des Raums), so verschiebt sich dieses Verhältnis zu Lasten der Umwelt und Zukunft (Overshoot Day, Ausbeutung der Zeit). Dies führt zu eben jener beschleunigten Ausbeutung und der Sucht nach immer Mehr und beschneidet damit die Fähigkeit zukünftiger Generationen ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Ausweg aus diesem Dilemma bieten zwei Modelle:

-Reduktion derer die Anteil am (Konsum-)Wohlstand haben, zur Aufrechterhaltung des Wohlstands Weniger.
-Re-Definition des Wohlstandsbegriffs: Bereitschaft zum Verzicht auf Kon-sumwohlstand zugunsten von Wertewohlstand in den modernen Gesell-schaften zur Angleichung der Wohlstandverhältnisse.

Beide Modelle sind mit radikalen Einschnitten verbunden, wobei sich ersteres Modell allein durch die G8-Vereinbarung zur Minderung der Armut, ausschließt. Es verbleibt somit das Modell der Re-Definition des Wohlstandsbegriffs. Hier kommt wieder die Veränderungsbereitschaft der Gesellschaft ins Spiel. Um eine Veränderung der Gewohnheiten zu erreichen, sind tiefgreifende Habitus Änderungen erforderlich. Beispielsweise steht in den modernen Gesellschaften zumeist der Konsum über dem Nutzen eines Gegenstands (Hauptsache haben).Um eine Wohlstandsgerechtigkeit zu erzeugen, sollte jedoch der Nutzen eines Gerätes oder einer Dienstleistung in den Vordergrund rücken (Wieso benötigt jeder eine Bohrmaschine?). Hieraus ergeben sich massive finanzielle Spielräume, die trotz der Verfügbarkeit des Guts anderweitig verwendet werden können. Gesamtwirtschaftlich kann dies weniger oder kein benötigtes Wirtschaftswachstum (Postwachstumsökonomie) bedeuten. Auf Individualebene rückt die Geldbeschaffung in den Hintergrund. Der moderne Mensch erfährt stattdessen etwas, was wir scheinbar längst verloren haben, er hat Zeit.

Im Privatleben ist jene radikale Orientierung an monetären Werten (Man bedenke hierbei die Entkopplung von Realwerten) nicht in dieser Intensität zu beobachten. Ein Großteil der Menschen verhält sich dort human, während im Berufsleben der Rationalität der Vorzug gegeben wird. Diese Asozialität im wirtschaftlichen Handeln steht somit konträr zum sozialen Verhalten. Wieso ist dem so? Häufig wird argumentiert, dass die heutige Wirtschaftskultur eben nun mal so sei und man nichts dagegen tun könne und sich somit entgegen „besseren“ Wissens anpassen müsse. Doch ist dem so? Der Rahmen in dem die Wirtschaft Europas eingebettet ist, wird bestimmt von den gewählten politischen Vertretern. Diese stellen ihre Politik als alternativlos dar und stürzen weite Teile der Bevölkerung in eine gefühlte existenzbedrohende Situation. Dies geschieht insbesondere durch das Schüren von Ängsten und die Ablehnung ihre Politik in ausreichendem Maße zu erklären und zu vermitteln (Woran das liegt, sei dahingestellt). Dies führt im Folgenden zu der Frage inwiefern das Modell in der Tat alternativlos ist. Die soziale Übereinkunft lehrt, dass Dinge, die von einem Großteil der Bevölkerung als wahr angesehen werden, auch in ihren Folgen wirklich sind.

Doch wie kann sich das Individuum dieser Herausforderung der gesellschaftlichen Umgestaltung nähern? Ein Anfang wäre getan, in dem der Blick von der Gegenwart in die Zukunft gerichtet würde. Beispielsweise durch die Frage: Wie will ich gelebt haben? Oder: Was für ein Mensch möchte ich (gewesen) sein? Was bedeutet ein erfülltes Leben? Alleine das Stellen dieser Fragen durchbricht den säkularen Zwang der Wachstumsjüngerschaft. Durch die Imagination der Zukunft, werden implizit andere, für viele Zeitgenossen antiquierte, Kriterien angelegt. Diese sind allerdings jenen Menschen (allen), die in sozialen Beziehungen aufgewachsen sind, inhärent. Werte wie Verantwortung, Gerechtigkeit, Muße oder ein „gutes“ Leben führen sind hierbei zu nennen. Insbesondere Eltern werden sich in puncto der aktuell gelebten Generationen(un)gerechtigketi die Frage stellen, inwiefern sich der gegenwärtige Lebensstil als geeignet erweist, um auch ihren Kinder oder gar Enkeln ein erfülltes Leben bieten zu können. Zudem kann durch die Beantwortung dieser Frage eine Vision über die zukünftig gewünschten Verhältnissen entstehen aber auch das Szenario „was wenn nicht“? Die Größenordnung der Zukunftsvorstellung ist hierbei unerheblich. Sie kann von einem gemeinschaftlich genutzten Gerätelager in der Nachbarschaft, über regionale Selbstversorgung mit Energie und Nahrungsmitteln oder der Mitwirkung in Stiftungen, Kooperationen oder Vereinen bis zur Ausarbeitung von Konturen eines Postwachstumssystems führen.

Die Besonderheit des Menschen liegt doch eben darin, dass er sein engeres und weiteres Umfeld (mit)-denken und gestalten kann. Diese Handlungsfähigkeit zu er-kennen und die eigenen Gestaltungsspielräume zu entdecken und möglichst zu nutzen, ist Hauptanliegen des Autors. Die Selbstbestimmtheit des Menschen, der, solange er die Freiheit anderer nicht beschränkt, frei im Denken und Handeln ist, ist ein Gut, dessen Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Insbesondere da das heutige Wirtschaften die Handlungsfähigkeit und damit Freiheit zukünftiger Generationen massiv einschränkt.

Die Chancen zur Veränderung ergeben sich verstärkt daraus, dass genug Individuen eine ähnliche Vorstellung über deren Gestaltung teilen und diese als mündige Bürger vertreten, diskutieren und nach besten Möglichkeiten umsetzen. Voraussetzung hierfür ist die kritische Betrachtung des Heute für ein besseres Morgen (wie auch immer das genau gewesen sein wird). Emanzipiert euch des dogmatischen Schlummers (Immanuel Kant, dt. Philosoph, 1724-1804), denn "Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut." (Thukydides, griechischer Historiker, um 460 v. Chr. - um 360 v. Chr.).